Die Schafrechtler und ihre Weidegerechtigkeit

Bereits im 15. Jahrhundert gab es eine Schäferei und einen Hirten, der von der Herrschaft bezahlt wurde.

„Item einem Pfarrer sollen zu Neuses für den Hirten gehen unverpfrundt 2. Kühe. Item soll man ihm geben Brennholtz aus dem Gemein-Holtz, das förderlich einen Gülden werth ist alle Jahr. Item eine Behausung und Hofstatt zu Neuses, darinnen er seine Wohnung haben soll.“1

Am 10. Juli 1721 wurden die Übergabe der Schäferei und der Weidegerechtigkeit von Philipp Ernst zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst (1663-1759) an 20 Bauern aus Neuses und 18 Bauern aus Schellert, die sog. Schafrechtler, vertraglich festgelegt.

Die damalige Schäferei gehörte zum alten  Wirtschaftshof des Schlosses, damals Haus Nr.17.

Unter Schafrecht bzw. Weidegerechtigkeit versteht man das Recht, seine Schafe auf fremdem Weideland weiden zu lassen. Es wird geregelt, wie viele Tiere gehalten werden dürfen, auf welchem Weideland und wann die Tiere weiden dürfen. Die Anzahl der Tiere richtet sich nach den Besitzverhältnissen der Schafrechtler.

Auszug aus dem Vertrag von 1721:

 „Es wurde Ihnen Gemeinden vor sich, Ihre Erben und Erbnehmer verkaufft die Schäfferei und Waydgangsgerechtigkeit zu Neuses, wie solche bisher gnädigste Herrschaft in Feldern und Waldungen genützt und genossen uff Schellerter und Neusesser Markung, als welche niemand weder Buchklingen aus noch einem andern Ort zu betreiben befugt ist, samtt dem derzeit allda befindlichen Pferchkarren u.s.w., der alten Schafscheuer und dem Platz, worauf solche stehet und dem unteren Schenkhenweyer zu gedachten Neuses, worvon die dissjährige Fische zur Hälfte gnadigste Harrschaft, die andere Hälfte aber die Gemeindten bekommen, vor und umb 700 Gulden Rheinisch Währung, also dass sie sobalden die Hälfte paar, die andere Hälfte aber uff Michaeli diss Jahr antreten und von solcher Zeit an gerechnet lies nächst künftigen Bartholomäi bezahlen, obernannte Schäfferey und Waydtgangsgerechtigkeit uff Michaeli diss Jahr antreten und von solcher Zeit an gerechnet jedes Jahr vor die Herrschaftl. praestanda [=Abgaben] 30 Gulden Rheinisch zu entrichten haben sollen massenvor dissmahl die Gemeyndten zwar kein Handlohn zu reichen, dafern aber solche weiters verkäuflich begeben werden sollte ist das Handlohn davon wie beim Rittergut Neusses herkomblich, nämlich von 10 Gulden einen, abzuführen“.
„Die pro resognitione teils allschon bezahlte, teils annoch bezahlende 700 fl sollen dem Untertan zu Schellhardt und Neusses bei etwann rückfallenden Lehen von meinem Erben Verlassenschaft wiederumb zurückbezahlt werden.“2

Für 700 fl (Rheinische Gulden) wurden die Schäferei und die Weidegerechtigkeit verkauft. Zur Schäferei gehörten ein Pferchkarren, die alte Schafscheune, der Platz auf dem sie stand und der „Untere Schenkenweiher“.
Für die Weidegerechtigkeit mussten jährlich 30 fl bezahlt werden.

Die Schafweiderechtsanteile wurden vererbt und verkauft und nach Belieben in kleinere Anteile geteilt. Diese Anteile sind im Grundbuch als Schafhuterechte (Zugehörungen) zu den Anwesen der Berechtigten eingetragen.

Seit 1721 hatten die Schafrechtler einen angestellten Schäfer.

Laut einer Karte von Werner Seufferlein befand sich der „Untere Schenkenweiher“ am Ortsausgang von Herrnneuses in Richtung Buchklingen.

1875 kaufte die Schäfereigenossenschaft von Leonhard Haußmann das Haus Nr. 3 als Wohnhaus für den Schäfer und die angrenzende Scheune als Schafscheune.

Im Lauf der Jahrhunderte gab es viele Streitigkeiten um das Schafrecht.

Bereits 1496 stritten sich Michel von Seckendorff-Rinhofen (†1504) aus Buchklingen und Hans Sigwein aus Neuses um das Schafrecht in der Gemarkung Herrnneuses, Schellert und Losaurach.3

Im Jahr 1813 wurde von dem damaligen Landgericht Neustadt an der Aisch festgestellt, dass das Schafrecht ein Privatrecht einzelner Mitglieder der Gemeinden Schellert und Herrnneuses ist. Das Privatrecht hat die Interessen der Einzelnen zum Gegenstand, im Unterschied zum öffentlichen Recht, das dem Gemeinwohl dient.

1912 wurde geprüft, ob das Schafhaus Eigentum der Schafrechtler ist. 

??? Fragen ???

  • Wann wurde die Schäfereigenossenschaft gegründet und wieder aufgelöst?
  • Wie war das Ergebnis der Prüfung 1912?

Falls jemand eine dieser Fragen beantworten kann, bitte über Kontakt melden.

Besonders eine Klage der Gemeinde Herrnneuses gegen 14 Schafrechtler vor dem Landgericht Fürth im Jahre 1921 zeigt die Bedeutung des Schafrechts.4

Einige Bürger aus Herrnneuses verlangten eine einträglichere Verwertung der Gemeindeländereien. Dem stand aber die ausgeübte Weidegerechtigkeit der Schafrechtler im Weg. Deshalb klagte die Gemeinde Herrnneuses gegen die Schafrechtler. Nur die Schafrechtler aus Herrnneuses üben 1921 noch ihr Schafweiderecht aus. Die Schafrechtler aus Schellert haben schon vorher darauf verzichtet.

Der Standpunkt der Gemeinde:
Die Beklagten [die Schafrechtler] haben kein privatrechtliches Schafweidesonderrecht an verschiedenen der Gemeinde gehörigen Grundstücken und Wegplannummern.
Die Gemeinde ist Eigentümerin der Hälfte des Plätzleinsweihers sowie zweier Ödungen am Plätzleinsweiher. [Der Plätzleinsweiher ist der heutige Dorfweiher. Die andere Hälfte des Weihers gehörte 1921 noch zu Schellert.]
Der in der Urkunde von 1721 genannte „Untere Schenkenweiher“ und der strittige Plätzleinsweiher sind nicht derselbe Weiher.

Der Standpunkt der Schafrechtler:
Das Schafweiderecht erstreckt sich auf die Abweidung sämtlicher Grundstücke in der Gemeindeflur Herrnneuses nach Ablauf der Bebauungsperiode. Die übrigen Ortsbewohner haben dieses Recht nicht und müssen dulden, dass Tiere der Schafrechtler auch auf ihren Grundstücken weiden. Die Schafrechtler betrachten das als Gewohnheitsrecht (sog. „Ersitzung“).
Der Plätzleinsweiher ist Eigentum der Schafrechtler.

Das Urteil:
Es wird festgestellt, dass die Gemeinde Herrnneuses zur Hälfte Eigentümerin des  Plätzleinsweihers ist.
In allen übrigen Punkten bekommen die Schafrechtler Recht.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin vier Fünftel und die Beklagten ein Fünftel zu tragen.

Im Flurbereinigungsverfahren 1986 wurde die Stadt Neustadt Alleineigentümerin des Dorfweihers.5  Die vorhandenen Schafhutrechte zu den Anwesen der Schafrechtler wurden nicht abgelöst, d.h. sie stehen noch heute im Grundbuch.

Schäfer: 6, 7 

Christoph Landsmann, Gemeindehirt, ∞1699 Anna Magdalena Prummer aus der Grafschaft Hohenlohe-Langenburg.

Hans Hirsch, Gemeindehirt, ∞20.2.1708 Anna Katharina Fuchs aus Neuhof.

Georg Elbinger aus Buchklingen, Schäfer um 1730. Er hat das Haus  Nr. 13 (heute Nr. 19) erbaut.

Johann Erh. Weissmantel,  Schäfer, Taglöhner und Gütler, †16.3.1850, Haus Nr. 13 (heute Nr. 19).

Michael Rammler, Schäfer, Taglöhner und Gütler, *1811 in Mönchsondheim, †19.11.1885, Haus Nr. 29 (heute Nr. 61), sein Vater war Schäfer in Beerbach.

Martin Etzel, Gemeindeschäfer, Knecht, Gütler, *1839 in Siedelbach, ∞Apollonia Bleicher.

Peter Thaler, Schäfer, „Militär-Pensionär“, *11.6.1880, ∞Anna Barbara, geb. Pröschel aus Thierberg, Haus Nr. 3.

Schäfer Gräbner war der letzte Schäfer. Seine Frau war noch bis 1950 als „Totenfrau“ und Haushaltshilfe bei Pfarrer Johnke tätig.

1965 wurde das Anwesen Nr. 3  an die Raiffeisengenossenschaft Herrnneuses verkauft. Diese nutzte die Schafscheune als Lagerhaus. 1970 erwarb der Nachbar (heutige Haus Nr. 39) das Anwesen durch Tausch gegen ein Stück Ackerland. Das Wohnhaus wurde abgebrochen, die Schafscheune steht heute noch.

Auf dem Foto sieht man das Schafhaus Nr. 3 und dahinter die Schafscheune.

Dieses Foto wurde zwischen 1940 und 1945 am Linsenkreuz bei Schellert aufgenommen. Es zeigt Schäfer Seifert aus Neundorf.

Foto: Stadtarchiv Neustadt

 

Nicht immer konnte man sich auf die Gehilfen des Schäfers verlassen. Das „Intelligenzblatt des Rezat-Kreises 1814“ berichtet über einen Schafdiebstahl in Herrnneuses.

Mit einem Klick auf die Seite kann man sie besser lesen.

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Georg Balthasar Bolleininger (21 Jahre) vom Dürrenbrennershof in der Nähe von Hagenbüchach. Das ist vermutlich Trübenbronn, das noch heute „Brennershof“ genannt wird.

Er war etwa 1,62 Meter groß.
1 Fuß = 29,2 cm (1809 wurde in Bayern 1 Fuß auf 29,2 cm festgelegt. Vorher gab es regionale Unterschiede),
1 Zoll = 2,54 cm,
1 Linie = 1/12 Zoll od. 1/10 Zoll.

 

1817 wurde ein Schafrecht in Herrnneuses versteigert, wie das „Intelligenzblatt des Rezat-Kreises“ ankündigt.

Mit einem Klick auf die Seite kann man sie besser lesen.

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Der Schmiedemeister Johann Jacob Fuchs (*1753, †1828) besaß ein Zwanzigstel an der Schäferei in Herrnneuses. Er konnte jährlich 6 Schafe auf die Weide treiben. Seine Schafe konnte er 8 Nächte im Pferch unterbringen, in dem Platz für 125 Schafe war.
An jährlichen Kosten waren zu bezahlen: 1/10 fl (Rheinische Gulden) für Handlohnarbeiten und 45 kr (Kreuzer) vom Erbzins, der sich 1817 auf 50 fl belief.

 

Quellen:

  1. WIBEL (1742), Seite 146 f.
  2. SCHAFRECHT (1921).
  3. RECHTER (1987), Seite 141.
  4. SCHAFRECHT (1921).
  5. MÜCK  (2013), Seite 64.
  6. FAMILYSEARCH.
  7. SEUFFERLEIN.

Erinnerungen von Einwohner:innen aus Herrnneuses.